1. Juni 2022
4 min

FuWo oder Funktionales Wohnen im Studium: die Vor- und Nachteile dieser besonderen Wohnform

Während des Studiums in einer WG wohnen: Das ist vielen gut bekannt. Doch es gibt eine weniger bekannte Form des Zusammenlebens, die ebenfalls gut funktionieren kann: Das funktionale Wohnen. Was hat es damit auf sich?

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In einer herkömmlichen WG hat jede Person ein eigenes Zimmer und Küche, Bad und eventuell ein Wohnzimmer werden miteinander geteilt. Doch diese klassische Wohnform ist nicht die einzige Art, sich im Studium Wohnraum zu teilen. Beim funktionalen Wohnen werden die Räume nicht nach Personen aufgeteilt, sondern nach Funktionen. Das bedeutet: Neben Küche, Wohnzimmer und Bad werden auch das Schlaf- oder das Arbeitszimmer geteilt. So normal diese Aufteilung für Liebesbeziehungen oder Familien sein mag, so ungewöhnlich ist sie für Studierenden-WGs. Dennoch hat diese Wohnform einige Vorteile.

Herkömmliche WG vs. funktionales Wohnen: Vor- und Nachteile

Ein Nachteil der „normalen“ WG-Aufteilung ist, dass das eigene WG-Zimmer viele verschiedene Zwecke erfüllen muss: Es ist Schlafzimmer, Arbeitszimmer, Wäschezimmer oder Sportzimmer zugleich. In der Tat gibt es in klassischen WGs nur selten separate Wohn- und Arbeitszimmer. Aber die Aufteilung nach Personen – und nicht nach Funktionen – sorgt dafür, dass jeder Mensch unterm Strich weniger Platz hat. Durch die Aufteilung nach Funktionen hat jeder mehr Platz. Das hat auch psychische Vorteile: Die Arbeitssachen bleiben im Arbeitszimmer und man kann durch den Ortswechsel komplett abschalten. Dann ist das Schlafzimmer wirklich nur ein Schlafzimmer. Arbeitssachen wie Laptops haben darin keinen Platz. Das erhöht die Gemütlichkeit erheblich und kann sogar für besseren Schlaf sorgen. Oft stehen die Schlafzimmer in funktionalen WGs mit Betten voll oder es liegen Matratzen direkt auf dem Boden. Wenn es ein Hochbett gibt, sind sogar zwei Ebenen zum Schlafen möglich. Diejenigen, die früher aufstehen, schlafen vorne, damit sie die anderen beim Aufstehen nicht wecken.

Ein weiterer Aspekt des funktionalen Wohnens ist oft, dass generell mehr geteilt wird. Auch das vergrößert wieder den Platz pro Person und ist zudem wesentlich ökologischer. Putz- oder Waschmittel bleiben am Ort der Funktion – beispielsweise Waschmittel bei der Waschmaschine – und müssen nicht Platz im eigenen Zimmer einnehmen. Zudem kann Müll vermieden werden, wenn sich nicht jede Person eigenes Putzmittel kauft. Auch in der Küche kann geteilt werden: Eigene Fächer im Kühlschrank gibt es nicht, dafür vielleicht eine WG-Essenskasse. Im Arbeitszimmer hat aber jede Person einen eigenen Schreibtisch.

Welche Funktionen wie geteilt werden, entscheiden immer die Menschen, die zusammen wohnen. Die Freiheit zu so viel Mitsprache ist ein weiteres Plus, das sich von herkömmlichen Wohngemeinschaften abhebt. Ist dort eine Person Hauptmietende, kommen alle anderen in eine Untermiete. Das macht Hierarchien auf und führt zum Teil zu Unlust, sich um Haushalt und Mitmenschen zu kümmern. Mit der Notwendigkeit der offenen Kommunikation und der Rücksichtnahme im funktionalen Wohnen kann mehr darauf geachtet werden, dass sich alle gleichermaßen wohlfühlen.

Privatsphäre Fehlanzeige? Hier ist Kommunikation gefragt!

Für alle, denen es jetzt unter den Nägeln brennt, kommt hier die Antwort auf die entscheidende Frage: Was, wenn jemand schnarcht? Oder Sex haben will? Oder sogar pupst?! Gibt es in dem Konzept irgendwo auch Privatsphäre? Ja, die gibt es. Ein Grundsatz des Zusammenlebens in funktionalen WGs ist Kommunikation und Rücksicht. Eigene Bedürfnisse werden direkt angesprochen. Damit es harmonisch bleibt, werden auch Konflikte offen und ehrlich thematisiert. Das kann zu Anfang schwierig sein und diese Art der Kommunikation muss vielleicht erst gelernt werden. Doch auch das kann bereichernd sein. Man lernt sich selbst viel besser kennen, wenn man sich mit anderen über sehr private Bedürfnisse abstimmen muss. In einigen FuWos gibt es deshalb neben dem Schlafzimmer auch ein Intimitäts- bzw. Sexzimmer, das mit einem Kalender an der Tür gebucht werden kann. Steht schon ein Name im Kalender, ist dieser Zeitraum vergeben. Ganz analog, direkt und transparent.

Jeder Mensch ist anders

Funktionales Wohnen – diese Herangehensweise an das Wohnen in Gemeinschaft ist mit Sicherheit nicht für jeden etwas. Auch wenn Kommunikation und Absprache in allen Lebensbereichen wichtig sind, wollen einige Menschen einfach ein eigenes Zimmer haben. Nach Hause kommen und nicht mehr reden müssen. Einfach die Tür zu machen. Keine Sorge: Das sind alles valide Bedürfnisse. In dem Fall ist vielleicht ein „normales“ WG-Zimmer oder sogar eine eigene Wohnung die bessere Wahl. Ob funktionales Wohnen oder herkömmliche WG – jeder Mensch ist anders, studiert anders, lernt anders und wohnt anders. Und das ist okay.